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Interview: Individualität in der Kundenansprache – Kommunikation auf hohem Niveau

Interview: Individualität in der Kundenansprache – Kommunikation auf hohem Niveau

Interview mit Rüdiger Frankenberger, Marketingleiter, msp druck und medien gmbh
Die Idee der Individualisierung ist nicht neu, dennoch bleiben die Potenziale oftmals ungenutzt.

Herkunft: Print Digital
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Wirkweise und Nutzen sind entweder nicht detailliert bekannt oder werden weitgehend unterschätzt. Rüdiger Frankenberger erläutert die Hintergründe.

Ist die Individualisierung für Druckprodukte tatsächlich etwas, das im Markt erwünscht ist und auch nachgefragt wird?

Es wird in der Branche zu viel über Technologie und zu wenig über Ideen, Anwendungen und Kundennutzen respektive Vorteile gesprochen. Auf welcher Druckmaschine und mit welcher Technologie ein Druckerzeugnis erstellt und individualisiert wird, das ist letztendlich eine Frage des Konzepts und des Produkts – nicht umgedreht. Wir bieten Individualisierung proaktiv an, um den bestmöglichen Kundennutzen zu erzielen. Häufig steht aber noch die Kostenfrage und weniger die Nutzenfrage im Vordergrund.

Wie lautet dann ihre Argumentation?

Wenn ein Mailing mit einer Auflage von 100.000 Exemplaren zum Preis von einem Euro pro Stück erstellt wird, dann lässt sich das relativ einfach kalkulieren. Nimmt man die üblichen Responsequoten von 1 bis 3 Prozent, sind 100.000 Euro ziemlich viel Geld, um bei 3.000 Menschen eine „Reaktion“ zu erreichen. Werden dagegen nur 30.000 Mailings produziert, dafür aber qualifizierter und inhaltlich relevanter, indem Angebote, Vorteile, Anreize und eine individuelle Botschaft transportiert werden, kostet es vielleicht das gleiche. Dann ist die Response nicht nur höher, sie hat auch eine viel bessere Qualität. An dieser Stelle reden wir dann weniger über Digitaldruck als Technologie, sondern als ein sehr effektives Mittel zum Zweck, um gezielt zu informieren bzw. zu verkaufen. Denn nicht nur die Herstellkosten fallen an, das zumeist teurere an der Kampagne sind eh die Porto- bzw. Versandkosten.

Wie weit kann man überhaupt individualisieren?

Hier halten wir es mit einem großen japanischen Autokonzern: Nichts ist unmöglich. Wenn man über die entsprechenden Kundendaten verfügt, inklusive Kauf- und Kundenhistorie, und andererseits über relevante, umfassende Produkt- und Katalogdaten, dann kann im Prinzip jedem Kunden ohne Weiteres ein eigener, individuell auf ihn zugeschnittener Katalog produziert und zugesendet werden, der unter anderen auf seine Körpergröße, seine Farbvorlieben und seine bereits getätigten Käufe hin exakt abgestimmt ist. Schlussendlich kann man feststellen, dass in Zeiten von CRM, Cloud Computing, Crossmedia, Facebook und Smartphones der Individualisierung keine Grenzen gesetzt sind. Die Frage, die sich dann hier noch stellt, ist die der Wirtschaftlichkeit. Also welchen Aufwand können und wollen wir betreiben, welchen Schutz der Kundendaten können und müssen wir gewährleisten?

Das ist schließlich auch für den Endkunden von Vorteil

Richtig. Nehmen Sie die klassischen Autoprospekte, die zumeist online bestellt werden können. In der Produktbroschüre mit 60 Seiten finden Sie die Varianten Limousine, Kombi, Cabriolet und Sportsback. Sie blättern zwischen 40 Seiten hin und her, um herauszufinden, wie der Lack mit den Felgen und der Innenausstattung harmoniert. Beim Privatwagen müssen Sie dem Partner dann auch noch erklären, warum das Auto jetzt 50.000 Euro kosten soll. An der Stelle haben Sie dann schnell verloren. Das ist viel zu abstrakt. Soll das Fahrzeug dagegen als Firmenwagen fungieren, fliegt in der Regel das Cabrio von vornherein aus der Auswahlliste. Fragt ein Autohändler einen Kunden gezielter nach seinen Vorstellungen, dann können wenige, dafür aber viel tiefgreifendere, relevante Informationen weitergegeben werden. Natürlich bleibt das Risiko, dass der Kunde plötzlich doch lieber eine andere Motoren- oder Karosserievariante haben will. Doch diese Informationen können ebenso problemlos jederzeit nachgeliefert werden, inklusive einem ersten Lockangebot für das infrage kommende Modell. Der Kunde profitiert letztendlich von den für ihn wirklich relevanten Informationen, die er nicht erst mühsam aus der Broschüre zusammensuchen muss. Wenn man das Ganze dann weiter denkt, kann dem Kunden gleich noch ein Termin für die Probefahrt vorgeschlagen werden, und zwar mit dem Modell, für das er sich auch tatsächlich interessiert und mit einer empfohlenen Fahrtroute für diese Fahrt.

Wie viel wird in der Kunden- und Markenkommunikation tatsächlich individualisiert?

MediaMundo
Wir personalisieren und individualisieren in möglichst vielen verschiedenen Kategorien. Die werbetreibende Industrie und die Agenturen haben erkannt, dass ein Mix aus personalisierten bzw. individualisierten Medien zielführend ist. Dabei darf man jedoch den Bogen nicht überspannen. Je mehr Informationen über eine Zielgruppe vorliegen, desto gezielter kann man diese ansprechen. Wir haben zum Beispiel einen Kunden, der mit um die 8000 Variablen sehr individuell Lose verkauft. Es können Bilder hochgeladen, Namen und Texte eingegeben werden. Daraus ergeben sich die unterschiedlichsten Bedingungen und Gewinnchancen. So ist jedes Los nicht nur personalisiert, sondern eine wirklich individuelle und einzigarte Gewinnchance!
Ein Verlag, für den wir ebenfalls produzieren, bietet Klassiker der Literatur als Book on demand an. Allerdings wird hier die Idee noch ein Stück weitergedacht. Die Kunden, die sich ein solches Buch bestellen, können ihren Wohnort, ihren Namen, die Namen von Freunden und Verwandten und andere Details wie Lieblingsgericht oder -farbe ergänzen und bekommen „Der Hund von Baskerville“ oder „In 80 Tagen um die Welt“ als persönliche Geschichte. Bis 35 Personen können theoretisch mit rein genommen werden. Jedes Buch wird also ganz individuell für jeden einzelnen Kunden hergestellt, sei es der Text, der Umschlag, der Umfang und die Art und Weise der Verarbeitung.

Inwiefern erleben Sie, dass tatsächlich ein Mehr an Individualisierung auch einen größeren Erfolg verspricht?

MediaMundo
Das ist natürlich die ewige Diskussion und auch immer eine kleine Glaubensfrage. Die Individualisierung lässt sich in der Praxis nur schwerlich isoliert betrachten. Wenn die Response von 2 oder 3 Prozent auf 10 Prozent gesteigert wird, liegt das nicht zwingend allein an der Personalisierung, sondern auch an der der Gesamtaufmachung des Druckprodukts und natürlich an der Qualität des Angebots sowie der Daten. Es gibt viele Faktoren, die diesbezüglich eine Rolle spielen. Aber es ist schon erfolgsentscheidend. Geht man in ein Kaufhaus, möchte man ja auch nicht immer in derselben Art und Weise angesprochen werden, Männer wie Frauen und alt wie jung. Das funktioniert nicht. Bei einem Verkaufsgespräch, und ein Mailing ist unter dem Strich nichts anderes, wird ein solches Vorgehen heute einfach nicht mehr akzeptiert.